Beitrag 1009 – 1. Rundgang
EXTERN Garten- und Landschaftsarchitektur, Berlin
Verfasser: Fritz Protzmann
Enno Schneider Architekten, Berlin
Verfasser: Dr. Enno Schneider
Mitarbeit: Endrit Miftari, Niccolo Carini, Friederike Bienstein
Erläuterungstext Teilnehmer
Motto: Kopf, Rückgrat, neues Herz
Leitidee
Die zentrale Adressierung des Sportforums befindet sich am Weißenseer Weg.
Superstruktur, Hotel und Sportforum bilden dort einen Ort intensiver Nutzung und Kommunikation, sind Kopf und Rückgrat des Konzeptes. Sie werden über eine mehrteilige Platzanlage zusammengefasst. Das Forum bekommt eine neue, öffentliche Qualität durch die Verbindung von Leistungs- und Breitensport.
Das „neue Herz“ ist das umdefinierte Stadion als öffentlicher Raum mit neuer Landschaftskulisse. Das Potenzial der Topografie wird sowohl für die Gestaltung und Nutzung des Ortes und für die skulpturale Einbindung des Sportforums genutzt. Das neu geschaffene Freizeitgelände dient darüber hinaus als Baustein der überregionalen Grünverbindung, die über das Friedhofsgelände zum Orankesee in Landschaftsbildern mit starken Kontrasten geführt wird. Die Grundform der Sportarena wird in den Freianlagen fortgeführt. Der Rundweg auf der Krone des Walls – über Rampenwege barrierefrei erschlossen – fasst den öffentlichen Park formal zusammen. Spiel-, Sport-, Pflanzzonen und eine Bühne nehmen reliefartig die Form der Sportarena auf und thematisieren den öffentlichen Schwerpunkt des Sportforums. Die in Clustern zusammengefassten Sportplätze der unterschiedlichen Disziplinen prägen die Gesamtanlage rund um die Sportarena. Baumgesäumte Wegeverbindungen und großzügige Platzanlagen strukturieren und schaffen Orientierung.
Städtebau
Entsprechend den Empfehlungen der Jury wurde das Hotel und das Sportforum in das Gelände hinein verlagert. Damit liegt der Hotelturm nunmehr im Schnittpunkt dreier Achsen, der Superstruktur, dem Sportforum sowie den historischen Hallen, und vertieft damit die Idee des Kopfbaus und der städtebaulichen Orientierung. Insgesamt ist die Neubebauung so angelegt, dass sich alle wesentlichen Baugruppen auf dem Gelände verbinden. Der Hotelturm, zurückgesetzt von den unter Denkmalschutz stehenden Bestandsgebäuden, markiert von weitem als städtebaulicher Merkpunkt das Sportforum, bezieht sich mit seiner Höhenentwicklung auf den nachbarlichen Kontext (Brauerei, Neubauten im Süden) und ist zugleich Torhaus für das Sportforum und Beginn der Arkade. Die Superstruktur verbindet über eine Arkade den Bestand am Weißenseer Weg mit dem Eislaufareal und nimmt die unterschiedlichen Funktionsbereiche auf (Hallen, Büros, Umkleiden, etc.), die jeweils separat erschlossen werden. Der Endpunkt der Superstruktur wird gebildet durch einen in Teilen überdachten Hof, der mit der vorhandenen Platzanlage die Verbindung zu dem Eislaufareal und den Sportfreiflächen herstellt. Es entwickelt sich eine klare städtebauliche Figur mit eigener Identität.
Freiraum
Am Weißenseer Weg wird die vorhandene Parkplatzfläche zu einer öffentlichen Multifunktionsfläche umgewandelt. Die Schotterrasenfläche kann bei Bedarf ca. 100 PKW, einen Flohmarkt, eine Sport-messe, temporäre Sportvorführungen oder Ähnliches aufnehmen. Sportarena, historische Hallen, Hotelturm und Superstruktur werden über eine Platzanlage zusammengefasst. Das Potenzial der Topografie wird für die Gestaltung des Ortes genutzt und dient auch als Baustein der überregionalen Grünverbindung, die über das Friedhofsgelände zum Orankesee in Landschaftsbildern mit starken Kontrasten geführt wird.
Die Grundform der Sportarena wird in den Freianlagen fortgeführt. Der Rundweg auf der Krone des Walls, über Rampenwege barrierefrei erschlossen, fasst den öffentlichen Park formal zusammen. Spiel-, Sport-, Pflanzzonen und eine Bühne nehmen reliefartig die Form der Sportarena auf und thematisieren den öffentlichen Schwerpunkt des Sportforums. Die in Clustern zusammengefassten Sportplätze der unterschiedlichen Disziplinen prägen die Gesamtanlage rund um die Sportarena. Eindeutige baumgesäumte Wegeverbindungen und großzügige Platzanlagen strukturieren und schaffen Orientierung. In den Freiflächen dazwischen sind ruhige Leistungssportangebote vorgesehen.
Die Flächennutzungen und Baulichkeiten werden entsprechend ihrer Funktionen so organisiert, dass kurze Wege die verschiedenen Sportdisziplinen zusammenfassen. In der Ausstattung sind die durchgefärbten Asphaltflächen der Wege und Plätze durchweg mit Baumreihen aus hitzeresistenten Tilia tomentosa und Carpinus betulus „Fastigiata“ begleitet. Bestehende Baumreihen werden arttypisch ergänzt. An Platzanlagen sind auffällige Baumarten wie Sorbus domestica, Paulownia involucrata, Liquidambar styraciflua und Quercus turneri „Pseudoturneri“ als auffälliger Kontrast akzentuiert.
Nicht genutzte Rasenflächen werden als Halbtrockenrasen ausgemagert. Damit kann der Wasserverbrauch reduziert werden und die Artenvielfalt an Wiesenstauden erhöht werden. Bestandsbäume und Hecken bleiben durchweg erhalten, Wege und Plätze im „Friedhofswäldchen“ bleiben unversiegelt. Zur Stärkung des eigenständigen Charakters der Gesamtanlage ist ein einheitliches Beleuchtungskonzept geplant.
Funktionale Gliederung
Die Superstruktur ist – neben ihrer städtebaulichen Wirkung – geprägt durch die Idee die Sportbereiche zusammen zu fassen, den Austausch zwischen den einzelnen Sportarten zu fördern und Synergieeffekte der baulichen Nutzung zu erzielen.
Die 1. Baustufe wird gebildet von den Funktionsgebäuden Leichtathletik – Fußball, der Sporthalle und dem Bogenschützenbereich. Die Grundstruktur, basierend auf einem Raster von 7,50 m x 7,50 m bei einer lichten Höhe von 7,50 m, erlaubt die Integration von Hallen, zweigeschossigen Einbauten für Umkleiden, Aufenthalt, Sauna, Kraftraum, etc., als auch Büros. Vier- bis sechsgeschossige Büroriegel nehmen die Büroflächen der Leichtathletik auf. Die Funktionsbereiche Leichtathletik und Fußball werden über einen Eingangshof und ein gemeinsames Foyer erschlossen. Der vorhandene Beherbergungsbereich wird noch so lange genutzt, bis er in der zweiten Stufe in das Hotel integriert wird. Ein Teil der Funktionsflächen Leichtathletik (Umkleiden) wird in die geplante Tribünenanlage des Stadions integriert.
Am Endpunkt der Superstruktur bildet ein gastronomischer Betrieb ein attraktives Angebot für Athleten und Besucher. Das Hotel bietet mit ca. 170 Zimmern ein Angebot für Sportler (im ehemaligen Beherbergungsbereich) und Besucher.
Die Sportarena teilt sich auf in zwei Bereiche: Das Oval der Veranstaltungshalle ist als Solitär in die Topgrafie des Walls des ehemaligen Stadions eingebunden. Die weiteren Sporthallen der Arena sind in der Superstruktur lokalisiert, die Bereiche sind unterirdisch miteinander verbunden. Problemlos können unterschiedlichste Events in der Arena und den Hallen organisiert werden. Die Sportler betreten den Bereich unabhängig von den Besuchern von der Superstruktur aus.
Olympiastützpunkt, Forum, Verwaltung und KiTa werden in die Struktur integriert, zwei viergeschossige Riegel nehmen die Büroflächen auf. Das Verwaltungsgebäude wird für das Mobilitätszentrum/Infopavillon umgenutzt.
Die Sportfreiflächen gliedern sich in unterschiedliche Bereiche: Im Süden die ruhigen Sportarten (Bogenschießen, Skaten, Radfahren), im Norden die Sportplätze mit direktem Bezug zu dem neuen Funktionsgebäude und im Westen an den Bestand angedockt der Beach-Bereich mit der neuen Halle. Lärmemissionen der Sportfelder werden durch die Superstruktur abgeblockt. In den Freiflächen dazwischen sind ruhige Bahnsportdisziplinen und Schilf bestandene Flächen zur Luftkühlung und das Wassermanagement (Grauwasserklärung) vorgesehen. Auf der gegenüberliegenden Gebäudeseite bleiben Flächen für zukünftige Sportarten.
Erschließung – Mobilität
Der ruhende Verkehr wird komplett aus dem Inneren des Sportforums an die Peripherien verlegt, die interne Erschließung erfolgt fußläufig, über Mietroller, Fahrräder oder autonom fahrende Kleinbusse und Versorgungsfahrzeuge. Vorhandene Parkplätze werden von außen erschlossen. Am Weißenseer Weg nimmt das Mobility Center Fahrräder und Roller auf, zudem werden ca. 60 barrierefreie Stellplätze sowie ca. 100 Fahrradeinstellplätze – auch für das Hotel – angelegt. Für den Normalbetrieb sind die vorhandenen 200 Parkplätze am Weißenseer Weg ausreichend bemessen, bei Veranstaltungen stehen zusätzlich 400 Bedarfsparkplätze an der Fritz-Lesch-Straße zur Verfügung. Zusätzlich sind 100 weitere temporäre Stellplätze auf der Multifunktionsfläche am Weißenseer Weg denkbar. Bei zukünftig abnehmendem Individualverkehr ergeben sich diverse Flächenpotentiale für verschiedene Sportdisziplinen. Der Neubau eines Parkhauses ist nicht erforderlich.
Ideenteil
Die Flächen des Ideenteils im Bereich des Schulgeländes werden neu organisiert: Die Fritz-Lesch-Straße wird bis zum Orankesee als geradlinige Grünverbindung für Fußgänger und Radfahrer verlängert, begleitet von Neubauten für die Schule. Zur Unterstreichung der Grünverbindung wird die Mauer zum Friedhof über eine längere Strecke an der Fritz-Lesch-Straße rückgebaut. Zusätzlich wird das Gelände mit dem Friedhof über eine Wegverbindung verknüpft, die direkt auf das Denkmal im Friedhof führt. Bestandsbäume und Hecken bleiben durchweg erhalten. Es sind umfangreiche Neupflanzungen vorgesehen.
Der Friedhof entwickelt sich zu einem Kunstareal.
Nachhaltigkeit
Das Konzept der Nachhaltigkeit ist geprägt durch Mehrfachnutzung unterschiedlicher Nutzergruppen, Flächenentsiegelung, Regenwasserversickerung, Grauwasser- und Solarnutzung, Konstruktionen aus nachwachsenden Rohstoffen, Wärmerückgewinnung und innovative Primärenergieerzeugung.
Regenwasserbewirtschaftung
Für einen naturnahen Umgang mit Regenwasser wird eine Kombination aus Mulden, Baumstandorten, Verdunstungsbecken und unterirdischen Speicher-Rigolen vorgeschlagen. Hierfür wird auf dem Gesamtgelände unter ausgewählten Wegen eine Anzahl von Speicherelementen zweigförmig angelegt, die an den Verbindungspunkten waagerecht verbunden werden. In der Ausführung stehen Stauraumkanäle, abgedichtete Rohr-Kies-Rigolen oder eingeschweißte Kunststoffhohlkörper zur Verfügung. Final ist ein Rückhaltevermögen von ca. 1470 m³ vorgesehen. Durch die waagerechte Anordnung ist eine gleichmäßige Wasserverteilung im System ohne Technik gewährleistet, Pumpensysteme sind lediglich für die aktive Bewässerung der Freiflächen aus dem unterirdischen Speicher erforderlich und können an den Verbindungs- und Endpunkten der einzelnen Stränge als Vertiefung/Pumpensumpf platziert werden.
Die mit Schilf bepflanzten Verdunstungsflächen innerhalb der Skaterbahn und zwischen dem Bogenschießplatz und der Radbahn werden an der Sohle abgedichtet. Durch unterschiedliche Abstufungen der Höhen kann so bei Regenereignissen Rückhaltevolumen bereitgestellt, durch Überläufe dem Rückhaltungssystem zugeführt und in den Randbereichen versickert werden. Zusätzlich wird das Grauwasser von den Duschen der neu errichteten Gebäude über den Schilfbewuchs biologisch gereinigt und ebenfalls der Rückhaltung zugeführt. Bei einer Ausführung der Flächen von insgesamt 13000 m² mit einer durchschnittlichen Tiefe der undurchlässigen Bereiche von 30 cm ist für eine gute Verdunstungsleistung gesorgt und eine ausreichende Versickerung in den Randbereichen gewährleistet.
Die Baumstandorte entlang der Geh- und Fahrwege werden durch unterirdisch angeordnete Kunststoffhohlkörper mit Substratfüllung ausgeführt. Oberflächenwasser wird den Baumstandorten über das Gefälle der Wege zugeführt. Die Sohle wird mit einer Dichtungswanne ausgeführt, Wasser über Drainrohre gesammelt und der Rückhaltung zugeführt. Durch die Seitenflächen der Baumstandorte kann eine Versickerung in das umgebende Erdreich stattfinden. Wird die Bewässerung durch unterirdische Rohrleitungen geführt und die Kapillarwirkung des Substrates genutzt, erhält man einen unterirdischen Wasserkreislauf, der zum einen für eine optimale Bewässerung der Baumstandorte sorgt und zum anderen einen regelmäßigen Austausch des Wassers ohne große Verlustleistungen gewährleistet.
Der Nachweis des Gesamtsystems erfolgt in Anlehnung an die DWA-A138, wobei der Stauraum der abgedichteten Verdunstungsmulden als anrechenbares Volumen ohne Wasseraustritt und die sickerfähigen Randbereiche als Qdr aus dem System angesetzt werden. Die Baumstandorte bilden mit einem Speicherkoeffizienten von 35 % und Austritt über die Seitenflächen das Versickerungssystem mit einer Gesamtlänge von ca. 1500 m.
Als Überflutungsschutz sind verbindende Rohrleitungen vom neuen System in das ehemalige, tieferliegende Fußballstadion vorgesehen. Unter Berücksichtigung des 30-jährigen Regenereignisses und Zugrundelegung der Spitzenabflussbeiwerte Cs gemäß Din 1986-100 ergibt sich ein Überflutungsvolumen von ca. 7200 m³. Dieses kann im Innenbereich des alten Stadions ca. 90 cm hoch einstauen. Über die Sohlfläche und die umliegenden Rasenflächen ist derzeit bei einem Kf-Wert von 5E-5 mit einer maximalen Entleerungszeit < 10 Stunden zu rechnen.
Die Ausführung der geplanten Gebäude mit Dachbegrünung und teilweiser Entsiegelung von Bestandsflächen hat eine Verbesserung des mittleren Abflussbeiwertes von ca. 0,60 auf 0,51 zur Folge. Durch die gewählte Relation von Verdunstungsbereichen zu Sickerflächen ist bei der maßgeblichen Regenspende, ausgehend von einem mittleren Kf-Wert von 5-5, von einem Verhältnis von ca. 70 % Verdunstungs- zu 30 % Versickerungsanteil auszugehen.